Artvent Calendar Door #5: Jagdrudel

Right after individual portraits of heroes from Aventuria, the immortalization of groups of heroes enjoys particular popularity among my private clients. And so some wild bunch already had to take a break between their adventures and hold still, so that I don’t miss any of the countless details. So this time my thanks go especially to the patient snow leopardess. A little look into the future: Wulf (third from right) and Niobara (fourth from right) will meet you again in this advent calendar. The following insightful text about the characters, their backgrounds and their community was written by Sarah Röll.

“Jagdrudel” – Pencil, 42 x 29,7 cm, 2022

19. Rondra 1036 BF

Lachend streckte Niobara ihre Beine aus und rutschte sich etwas auf dem Baumstamm zurecht um wieder etwas bequemer zu sitzen, sehr darauf bedacht die zu ihren Füßen eingerollte Schneeleopardin dabei nicht zu stören. Diese öffnete nur kurz ein Auge und sah sie an. Beruhigend kraulte die Hexe ihrer Gefährtin die Ohren, bis diese mit einem leisen grollen wieder ihr Auge schloss. Niobara nahm einen Schluck aus dem Weinschlauch, ehe sie ihn an Lorcan zu ihrer linken weiter reichte. Der Magier nahm ihn mit einem Dank entgegen. Förmlich und reserviert wie immer. Und wieder einmal fragte sie sich, ob denn etwas von dem angeblich so heißblütigen Temperament, für das seine Familie berühmt war, auch in ihm steckte. Hatte seine Ausbildung in der Akademie von Elenvina ihm einfach nur die Beherrschtheit und Förmlichkeit so effektiv eingedrillt, dass er sich permanent derart unter Kontrolle hatte oder war dieser Charakterzug tatsächlich bei ihm schlicht nicht vorhanden? Die wenigen Male in denen sie spielerisch versucht hatte diese Seite bei ihm hervorzulocken, hatte er regelrecht verschüchtert reagiert. Mit einem leichten Zucken in den Mundwinkeln wandte sie sich wieder ab und lehnte sich sanft an Wulf, der zu ihrer Rechten saß. Sie lauschte weiter den Gesprächen der Gefährten, die um das Feuer versammelt waren, um den Tsatag des Prinzen zu feiern. Wer von ihnen hätte vor wenigen Monden auch nur im Entferntesten daran gedacht, dass sie an diesem Tage gemeinsam an einem Lagerfeuer abseits der Reichsstraße irgendwo auf dem Weg von Gareth nach Trallop gemeinsam sitzen und dieses Ereignis feiern würden. Sie waren so ungleiche und ungewöhnliche Gefährten. Unwillkürlich schweiften ihre Gedanken zurück zu jenem Tag im letzten Götterlauf, an dem sie Wulf, Sindaya, Lorcan und Thal zum ersten Mal begegnet war …


Niobara stand in der Mittagssonne an der Straße hinter dem Pilgertor in Zorgan und wartete. Zwar war bereits Travia und die Sonne brannte nicht mehr unerträglich vom Himmel zu dieser Stunde. Doch konnte sich die elburische Prinzessin tatsächlich etwas angenehmeres vorstellen, als im Gedränge der Menschenmassen, die zu den Feierlichkeiten in die Stadt strömten, auf eine mittelreichische Gesandtschaft zu warten. Nichts desto trotz: sie war aufgeregt und erfreut und ertrug daher gern diese kleine Unannehmlichkeit. Endlich! Endlich wurde sie von dem Seerosenthron wahrgenommen, endlich wurden ihr eine ihrem Rang entsprechende Aufgabe zugeteilt. Endlich traute man ihr zu das Mhaharanyat zu vertreten und politisch in Erscheinung zu treten. Es mochte zwar keine wichtige Aufgabe sein, keine zu bedeutende. Nichts, wobei sie großen Schaden anrichten könnte, wenn sie doch dem Misstrauen gerecht werden sollte, dass bislang in sie gesetzt wurde. Aber endlich wurde sie nicht lediglich ignoriert, oder gar vorsichtig ängstlich zurückgewiesen.

Und tatsächlich war sie auch neugierig auf den Abgesandten, der als ein Vertreter des Mittelreiches mit Aranien die Feierlichkeiten zum Jahrestag des Sieges über das Moghulat Oron begehen sollte. Natürlich hatte sie sich zur Vorbereitung über ihn erkundigt. Prinz Wulf Yerodin von Ehrenstein, Prinz von Tobrien und ein in Weiden großgezogener und ausgebildeter Ritter. In gewisser Weise teilten sie ein gemeinsames, wenn auch doch unterschiedliches Schicksal. Aber sowohl seine Provinz, als auch die ihre waren gezeichnet durch den Krieg und die Besatzung durch die Dämonenbündler. Er war als Kleinkind der dämonischen Besatzung entflohen, während sie die gesamten Jahre der Besatzung in Oron hatte leben müssen. Dafür war Elburum nun seit 8 Jahren wieder frei, wohingegen Tobrien noch immer in weiten Teilen in den Klauen von Paktierern und Borbaradianern lag.

In seiner Begleitung sollten sich zwei weitere mittelreichische Adelige befinden, einer aus der ebenfalls angesehen und weit verzweigten Familie von Streitzig, wenn wohl auch ein eher unbedeutender Spross der Familie. Und eine weitere Adelige aus einem weniger wichtigen Haus Weidens.

Zum Glück für Niobara trug der tobrische Ritter über seiner Rüstung einen Wappenrock mit dem tobrischen Wolf, sodass sie ihn in der Menge entdecken konnte, als er auf sie zukam. „Bleib hinter mir, wer weiß wie schreckhaft und zuschlag-freudig er ist“ raunte sie noch ihrer Vertrauten zu und schob die Schneeleopardin mit ihrem Fuß sanft an, als sie einen Schritt nach vorn und auf die Abgesandten zu machte. Lysandra gab ein leises Grollen von sich und blieb aber tatsächlich einen halben Schritt hinter Niobara. Diese setzte ein freundliches Lächeln auf, als sie auf die erwarteten Gäste zutrat und senkte in perfekter staatsmännischer Manier sacht das Haupt zum Gruße, während sie einen leichten Knicks vollführte, in genau der Form, die die Etikette vorschrieb, wenn eine Prinzessin einen Prinzen begrüßte. Sie hob den Blick und sah dem Ritter in die Augen. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie das Gefühl, dass alles und jeder andere auf dieser belebten Straße verschwunden war, das lediglich sie zwei alleine einander gegenüber standen, während sich in ihrer Seele ein Gefühl des Erkennens einnistete. ,Graue Augen’, war der erste Gedanke den sie hatte, während sie das irritierende Gefühl beiseite schob und das Wort an die Abgesandten richtete: „Euer Hoheit, erlaubt mir mich Euch vorzustellen. Mein Name ist Niobara bint-al-Laila saba Iphemia von Elburum, Tochter der Sultana von Elburum. Wenn es Euch genehm ist werde ich Euch für die Dauer eures Aufenthaltes als Führerin in Zorgan zur Verfügung stehen. Ich kann Euch zu dem Euch zugewiesenen Gästehaus bringen, Euch die Stadt nach eurem Belieben zeigen und Euch zu den Festen begleiten. Ebenso stehe ich Euch gerne für Fragen zur Verfügung, ebenso wie als Übersetzerin.“ Dann lies sie ihren Blick zu seinen beiden Begleitern wandern, schenkte auch ihnen ein freundliches Lächeln und ein sachtes, grüßendes Kopfsenken. „Adeptus von Streitzig, Adepta von Löwnthal.“ Niobaras Blick wanderte wieder zurück zu dem Prinzen. „Es ist mir eine außerordentliche Freude Euch im Namen der Mhaharani Shahi in Aranien begrüßen zu dürfen.“

Ein wenig irritiert bemerkte Niobara den jungen Mann in einfacher Straßenkleidung, der sich direkt neben den Adeptus von Streitzig gestellt hatte und sie angrinste, als gehöre er zu der Gruppe der Abgesandten und sei erfreut über ihre Grußworte.


Niobaras Blick wanderte mit einem leichten Schmunzeln zu Thal. Er hatte sich damals einfach an die Fersen der Gesandtschaft geheftet, war derart selbstverständlich mit ihnen mitgekommen, dass jeder glaubte er gehörte zu einem der Anderen. Niobara verstand bis heute die Laune des Schicksals nicht, die Thal zu ihnen geführt hatte. Dieses Koboldskind schien auf den ersten Blick weder zu ihnen, noch zu all der Dunkelheit zu passen, in die sie immer wieder hineingingen, um sie zu bekämpfen. Er war eine so sanfte Seele, der jedwede Gewalt und Grausamkeit völlig fremd und zutiefst zuwider war. Wie ein naives Kleinkind war er auf eine Weise unschuldig, die unbedarft und unvoreingenommen in die Welt hineinging, nicht wissend, dass diese Welt gefährlich sein konnte, nur um erstaunt ihre Wunder entdecken zu können, mit Feen spielte und mit seinen Scherzen und seiner Magie Lorcan so oft in die Verzweiflung trieb. Vielleicht hatte ihn sein Weg zu ihnen geführt um etwas Licht und Freude in die Dunkelheit zu bringen, der sie zu begegnen hatten, um ihnen den Weg etwas zu erleichtern. Niobara hoffte bloß, dass er selber an dieser Dunkelheit nicht zerbrach.

Bereits am Tag nach der Ankunft der Gesandtschaft in Zorgan begannen die Ereignisse sich zu überschlagen und sie alle fünf waren in einen Strudel von Intrigen und Grausamkeiten geraten. Statt die Feierlichkeiten zu genießen, hatten sie die fauligen Spuren oronischer Anhänger aufgedeckt und waren ihnen gefolgt. Niobara hoffte aus tiefster Seele, dass sie jedes Quäntchen der verbliebenen Verderbtheit ausgegraben und ausgelöscht hatten. Doch die Alpträume die sie manchmal plagten, ebenso wie ein beängstigendes Gefühl in ihrer Seele sagte ihr, dass ihre geliebte Heimat noch immer von Fäden der Finsternis durchzogen war.

In diesem Moment schlug Firnwar Thal lachend auf die Schulter, was dazu führte, dass Thal die Hälfte dessen, was er gerade getrunken hatte wieder ausspuckte. Niobara schüttelte das aufkeimende Gefühl der Sorge ab und betrachtete schmunzelnd die beiden Männer ihr gegenüber.

Firnwar waren sie nur wenige Tage später mitten in Zorgan begegnet, während sie der Spur einer verschwundenen jungen Frau folgten. Er war von der Familie der Verschwundenen angeheuert worden, um sie zu finden. So hatten sich ihre Wege gekreuzt und die weiteren Ereignisse hatten dazu geführt, dass sie der Gjalskerländer auch nach der Befreiung der verschwundenen Frau weiter begleitete und unterstützte. Niobara hatte bis zu der Begegnung mit Firnwar noch nie einen Menschen getroffen der so weit aus dem Norden kam. Er war so exotisch, so wild und barbarisch und beinahe schon das Gegenteil der Männer Araniens. Und trotzdem hatte er sein Blut für ihre Heimat vergossen. Dafür würde sie ihm für immer dankbar sein. Seine Beweggründe verstand sie allerdings bis zum heutigen Tage nicht.

Dahingehend war er noch viel undurchsichtiger als die schweigsame und zurückhaltende Firunai.

„Nicht ganz so fest, ich will ihn heute Nacht nicht noch zusammenflicken müssen“ meinte Sindaya zu Firnwar und blickte mit einer leicht erhobenen Braue fragend zu dem leicht hüstelnden Thal.

„Alles gut“, brachte der Schelm etwas erstickt und mit quietschender Stimme hervor. Ohne die schwarzhaarige Magierin würden sie alle schon nicht mehr auf Dere wandeln. Wie oft ihre in Lowangen erlernte Heilkunst oder ihre alchemistischen Tinkturen ihnen Allen schon das Leben gerettet hatten, vermochte die Prinzessin nicht einmal einzuschätzen. Mit noch immer etwas skeptischem Blick wandte Sindaya ihre Aufmerksamkeit wieder Firunai zu, die ihr gerade den Weinschlauch reichte, aus dem die Geweihte selber gerade noch getrunken hatten, was Niobara mit einem durchaus etwas selbstzufriedenem Lächeln registriert hatte. Nach der Sommersonnenwende hatte sich Niobara aufgrund einiger unglücklicher Umstände in diesem vermaledeiten Reichsforst verlaufen und zu ihrer großen Überraschung hatte Firunai sie gefunden und hinausgeleitet. Die Überraschung war weniger, dass die Geweihte sie gefunden hatte, auch wenn dies bei der Größe dieses Waldes gewiss einem Wunder glich, sondern vielmehr war Niobara überrascht, dass sie nach ihr gesucht hatte. Doch die gemeinsam verbrachten Tage in der Abgeschiedenheit des Waldes hatten doch tatsächlich dazu geführt, dass die beiden Frauen, die unterschiedlicher kaum sein konnten, zu einem gegenseitigen Verständnis gelangt waren. Niobara verstand etwas mehr von dem, was Firunai antrieb und die Geweihte schien akzeptiert zu haben, dass nicht jede unbeschwerte Zeit der Freude und Leichtigkeit reine Zeitverschwendung war. „Die Meisten benötigen eine Zeit der Freude, um der Dunkelheit widerstehen zu können.“ hatte sie zu der Geweihten gesagt. „Andernfalls vergessen sie vielleicht, wofür sie eigentlich kämpfen. Sonst verfallen sie irgendwann den Verlockungen der Dämonen mit ihren Versprechungen. Sonst sehen sie nicht mehr, warum sie der Verlockung widerstehen sollten, wenn sie doch anders nur Entbehrungen oder Leid kennen lernen.

Daher sind gelegentliche Feste und Freuden notwendig.

Und man muss sich nicht dafür schämen, wenn man ein weiches Bett, eine gute Mahlzeit oder ein heißes Bad genießen kann, nur weil es andere gibt, die dies nicht können.

Lediglich, wenn man nur noch an sein eigenes Vergnügen denkt und das Leid der Anderen einem darüber hinaus egal wird. Oder man gar Vergnügen im Leid anderer findet.“

Firunai waren sie in der Warunkei begegnet, wo sie die letzten Jahre tief im Feindesland alleine und auf sich selbst gestellt gegen die Dämonen und Paktierer gekämpft hatte.

Nach ihren Erfolgen bei der Aufdeckung der Verschwörung in Aranien hatte ihre Mutter Niobara die Erlaubnis erteilt nunmehr mit ihren Gefährten das Mittelreich zu bereisen. Und so war sie der Einladung des Prinzen nach Gareth gefolgt, wo sie jedoch statt all der Vergnügungen die die Stadt zu bieten hatte ein Auftrag der Herzogin von Weiden erwartet hatte, der die Gefährten hinter die Trollpforte und tief in die Finsternis geführt hatte. Nach all der Unterstützung die Niobara selbst in ihrer Heimat durch ihre Gefährten im Kampf gegen die noch immer präsenten Schrecken der Vergangenheit erfahren hatte, konnte sie Wulf ihre Unterstützung nicht versagen, als es für ihn nun galt den Kampf gegen die Dunkelheit aufzunehmen, die seine Heimat noch immer im Würgegriff hielt.

Und was sie dort erlebt hatten, hatte nicht nur aus den Reisegefährten Freunde (oder ein Jagdrudel, wie Firunai es ausdrückte) werden lassen. All die gemeinsam durchgestandenen Gefahren, in denen ihnen nichts anderes übrig geblieben war, als einander mit dem eigenen Leben zu vertrauen, hatte die so ungleichen Gefährten zu einer Familie werden lassen.

Niobara spürte die Wärme, die dieser Gedanke in ihrem Inneren entfachte und griff unwillkürlich nach der Hand des Ritters an ihrer Seite.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *